Der Unternehmenswert – Führungsgröße im Agenturvertrieb?

Presseartikel

Versicherungsbetriebswirt 02/2009 – Nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes, die nicht mit kurzfristigem Shareholder-value-Denken verwechselt werden sollte,  ist als Erfolgsmaßstab und als oberstes Unternehmensziel, an dem sich alle betrieblichen Zielsysteme orientieren, weithin anerkannt und verbreitet.  In den Ziel- und Steuerungssystemen der Versicherer für ihre Agenturen im Ausschließlichkeitsvertrieb sind in der Praxis Inkonsistenzen und sogar für das Ziel der Wertsteigerung kontraproduktive Vorgaben zu finden. Nachfolgend wird die Problematik beleuchtet und ein Lösungsansatz vorgestellt, wie Agenturführung dem Primat der Wertsteigerung folgen kann.

Der Unternehmenswert ist eine Führungsgröße, die neben den klassischen Erfolgs-Kennziffern wie Gewinn und Umsatz alle wesentlichen Entwicklungsaspekte eines Unternehmens berücksichtigt und insbesondere auch die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens in die Beurteilung einbezieht. Bei der wertorientierten Unternehmenssteuerung wird die Summe der zukünftig zu erwartenden Freien Cash Flows, das sind – etwas unpräzise formuliert –  die zukünftigen liquiden Erträge des Unternehmens, bewertet. Diese werden ermittelt unter Berücksichtigung der dazu notwendigen Investitionen in Anlage- und Umlaufvermögen und unter Ansatz der Risiken, die das Unternehmen zu tragen hat, um diese Erträge zu erzielen. Unternehmenswert als Maßstab für Unternehmenserfolg lässt sich daher als die Erhaltung und Steigerung des Barwerts der zukünftig zu erwartenden Freien Cash Flows beschreiben. Er ist gleichbedeutend mit der Schaffung zukünftiger Erfolgspositionen in der Gegenwart bei paralleler Erzie-lung von Renditen auf das eingesetzte Kapital, die über den risikoadäquaten Kapital-kosten liegen. Der zukünftige Cash Flow bestimmt den Erfolg des Unternehmens.

Betrachtet man die Einflussfaktoren auf den Cash Flow eines Versicherungsunternehmens, wird schnell klar, dass das Absatzverhalten zentralen Einfluss auf den Cash Flow und damit den Erfolg des Unternehmens hat. Vertrieb und Marketing sollen aber nicht nur kurzfristige Verkäufe tätigen, sondern aktuelle und zukünftige Erfolgspositionen auf- und ausbauen, Märkte erschließen, Wachstum erzielen und zu überdurchschnittlichen Renditen beitragen, um den Unternehmenswert zu sichern und zu steigern (siehe Abbildung 1 – Cash Flow von VU – Absatzverhalten als zentraler Einflussfaktor).  Die wertorientierte Führung von Agenturen ist also unumgänglich!

Unternehmenswert und  Cash Flow sind Ergebnisgrößen, die immer als Wirkung von Ursachen entstehen. Es kommt also darauf an, möglichst viele Ursachen positiv zu beeinflussen, die direkt oder indirekt den Unternehmenswert erhöhen, und Ursachen, die den Unternehmenswert mindern, abzustellen oder zumindest zu reduzieren.

Wertbeeinflussende Größen sind beispielsweise die Kundenzufriedenheit, die Storno-quote, die Kundenzahl und die Anzahl von Verträgen je Kunde, das durchschnittliche / mittlere Prämienaufkommen je Vertrag, die Qualifikationsentwicklung der Mitarbeiter, die Markenbildung, die Kundenstruktur, der Kundenwert, die Netto-Bestandsentwicklung, um nur einige Größen zu nennen.

Betrachtet man dagegen heute noch weit verbreitete Steuerungs- und Vergütungssysteme für Agenturen, kann man den Eindruck gewinnen, dass Wertorientierung und Vertriebssteuerung verschiedenen Welten, die wenige Gemeinsamkeiten haben, angehören. Der Umsatz bzw. Abschluss heute hat höchste Bedeutung, Abschluss geht vor Bestand, Provisionen und Boni werden ganz überwiegend mit Umsatz und Abschluss verdient, Chancen und Geschäftsentwicklung werden so wenig honoriert, wie die Ertragskraft eines Vertrages oder die Kundenzufriedenheit nennenswerten Einfluss auf die Provisionshöhe oder auf Bonuszahlungen hat. Fazit: in typischen Vergütungs-, Bonifikations- und Provisionssystemen im Agenturvertrieb werden die Chancen der Wertorientierung noch nicht oder unzureichend genutzt.

In einem wertorientierten Vergütungssystem – als zentralem Steuerungsinstrument – wird die Provision zur Grundprovision, welche durch Boni aufgestockt wird. Diese Boni werden nach strikt wertorientierten Kriterien bemessen, beispielsweise Mengenzielen wie Kundenkontaktquote, Mengenstrukturzielen, Rendite- und Margenzielen, aber auch Kriterien wie Erfüllung der Qualifikations-Anforderungen, Umsetzungsmaßnahmen zur Markenbildung, der Erfüllung von Kundenstrukturzielen, Kundenwertzielen, der Kundenzufriedenheit, der Kundenbindung und der Betreuungsqualität. Boni honorieren ausschließlich Beiträge zum Unternehmenswert! Die wesentlichen wertorientier-ten Steuerungsgrößen und deren Gewichtung sind in jedem Unternehmen verschieden und das für das VU passende System muss immer individuell entwickelt werden.

Ein wertorientiertes Vergütungssystem kostet in der Summe nicht mehr – die Vergütung wird anders verteilt und entfaltet dadurch größeren Nutzen! (siehe Abbildung: Wertorientierte Agenturvergütung – Überblick)

Wertorientierte Führung ermöglicht die Segmentierung und Entwicklung der Agenturen auf wertorientierter Basis nach einer Analyse ihrer Werttreiber und Wertpotenziale.

Bevor ein wertorientiertes Vergütungssystem entwickelt und eingeführt werden kann, müssen Handlungsmotive und Hemmnisse der Beteiligten erkannt werden. Bei Mammut steht daher am Anfang die Motiverkundung, die Gewinnung authentischen Wissens über die Zielgruppen (Agenturinhaber und -mitarbeiter, Hausvereine, Vertriebsorgani-sation des VU, weitere Stellen im VU wie Controlling, Marketing, Vorstand, etc.). Dazu wird eine spezielle Methodik eingesetzt, mit der qualitativ Ursachen für Stagnation, Engpässe und Probleme identifiziert und verdeckte Motivationen und Einstellungen offen gelegt werden. Der Vorteil: Problemlösungen können anschließend auf Basis des Wissens über tatsächliche Werthaltungen der Beteiligten erarbeitet werden.

Die Einführung eines wertorientierten Vergütungssystems sollte schrittweise erfolgen:

  1. Projektvorbereitung mit Zielentwicklung, Motiverkundung und Projektplanung
  2. Identifikation der Werttreiber, Messgrößen und Kennzahlen einschließlich der IT-Abbildung
  3. Identifikation von Pilotagenturen, Einbindung der Piloten und ggf. des Hausvereins in die Systementwicklung
  4. Entwicklung des wertorientierten Vergütungssystems
  5. Testphase: „Mitlaufenlassen“ des Modells, nur theoretische Auswertung zur Prüfung der Wirkung
  6. Einführungsphase in Stufen, zunächst nur mit additiven Bonuszahlungen, die über 100% Zielerreichung hinausgehen
  7. Flächendeckende Einführung mit Absenkung der Basisprovision

 

Dritter Vortrag auf der Tagung des Fachkreises Marketing/Vertrieb 23./24. 10.2008 – veröffentlicht im Versicherungsbetriebswirt (Mitgliederzeitschrift der Vereinigung der Versicherungs-Betriebswirte e.V.), Ausgabe 02/2009

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