Wirtschaftlich von Anfang an

Presseartikel

Joule 04/2009 – Projektmanagement | Wirtschaftlichkeit von Bioenergie-Anlagen kommt nicht von alleine. Viele verschiedene Möglichkeiten, eine komplexe Materie mit hohen Anforderungen in unterschiedlichsten Bereichen sind die Teile des Puzzles. Professionelles Projektmanagement bietet hier die Lösungen.

Die Faktoren für den Erfolg, etwa einer Biogasanlage sind vielfältig: Biologie und Verfahrenstechnik, Logistik, Rohstoffver- und Entsorgung, Finanzierung und Kapitalbeschaffung, Anlagenbau, Genehmigungsverfahren, schwierige Vertragsgestaltungen von der Ernteabwicklung über den Bau bis zu Gasdurchleitung und Wärmelieferung – müssen „unter einen Hut gebracht“ und zu einem wirtschaftlich optimalen Ergebnis entwickelt werden. Durch professionelles, unabhängiges kaufmännisches und juristisches Projektmanagement sowie technisch-logistische Optimierung werden entscheidende Weichen gestellt und spätere Probleme vorbeugend verhindert. Projektmanagement beginnt bereits in der Frühphase der Konzeption einer Anlage und endet erst mit dem Ende der Inbetriebnahmephase und dem Abschluss aller Abnahmen, Übergabe der mängelfreien Anlage und vollständiger Abrechnung. Planänderungen werden mit zunehmendem Projektfortschritt immer schwieriger und teurer. Deshalb sind Zielfindung, Projektvorbereitung, Planung besonders in der Vorbereitungsphase einer Anlage professionell durchzuführen, um spätere Schwierigkeiten zu vermeiden.

Wirtschaftlichkeit definieren

Wirtschaftlichkeit ist ganz allgemein das Verhältnis von Ertrag zu Aufwand. Die bekanntesten Ausprägungen des Wirtschaftlichkeitsprinzips sind das Minimalprinzip (z.B. eine 500 kW-Anlage so billig wie möglich bauen) und das Maximalprinzip (z.B. aus einer bestimmten Menge Substrat eine maximale Strommenge erzeugen). In der Praxis sind aber sowohl Minimal- als auch Maximallösungen selten das Optimum. Für die Bestimmung des wirtschaftlichen Optimums einer Bioenergie-Anlage sind auch die Vorstellungen der Beteiligten wichtig, denn für den einen sind beispielsweise geringe Risiken, hohe Betriebssicherheit und Akzeptanz bei Nachbarn wichtiger als die Erzielung der maximal möglichen Rendite, während für andere die monetäre Renditemaximierung höchste Priorität hat. Am Anfang eines Projektes steht daher eine verbindliche, schriftliche Zielfestlegung, welche gemeinsam erarbeitet und von allen Beteiligten akzeptiert werden muss. Damit wird erreicht, dass alle die gleichen Vorstellungen haben; durch die frühzeitige Diskussion werden auch unterschiedliche Auffassungen transparent gemacht und geklärt.

Projektmanagement als Chance

Diese schriftliche Zielformulierung kann auch rechtliche Bedeutung haben, wenn es später zu unterschiedlichen Auffassungen zwischen den Beteiligten etwa über die Anlagenentwicklung oder Betriebsführung kommt. Daher sollten die Projektziele auch in entsprechende Verträge, beispielsweise Gesellschaftsverträge, aufgenommen werden.

Die Wirtschaftlichkeit einer Bioenergie-Anlage wird von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst. Die wichtigsten sind:

  • Anlagentechnik, -layout, und -bau
  • Finanzierung
  • Vertragsgestaltungen
  • Rohstoffversorgung/-qualität
  • Logistik
  • Betriebsführung

In allen genannten Bereichen stehen dem Initiator / Betreiber einer Anlage große Einflussmöglichkeiten zur Verfügung – wenn diese rechtzeitig, systematisch und professionell genutzt werden. Der Ablauf eines Anlagen-Projektes erfolgt in fünf Phasen(siehe Grafik): Über die größten Einflussfaktoren auf die spätere Wirtschaftlichkeit der Anlage wird bereits in der Projektvorbereitung entschieden. Und hier werden auch die größten Fehler gemacht, die später in der Bau- oder Betriebsphase mit hohem Aufwand mühevoll beseitigt werden müssen, sofern dies überhaupt möglich ist. Einige Beispiele: Wenn durch ein schlechtes Layout einer Anlage die Transportwege, die mit Radladern oder durch Pumpleitungen überwunden werden müssen, länger als nötig werden, ist dies praktisch nicht mehr zu heilen. Die Folge: langfristig zu hohe Kosten für Personal, Kraftstoff, Strom, etc.

Wenn der Anlagenbauvertrag nach dem Muster des Anlagenbauers übernommen wird, enthält dieser fast immer Regelungen, die für den Anlagenbauer ungünstig sind, beispielsweise zur Abnahme. Folge: Betreiber wird zur Abnahme der Anlage gedrängt oder diese gilt durch die Inbetriebnahme als erfolgt, Schlechtleistungen gehen zu Lasten des Betreibers und die Gewährleistung beginnt viel zu früh.

Problematisch sind oft auch unklare Regelungen, welche Anlagenleistung aus welchen Inputstoffen in welcher Qualität erzielt werden muss – und ob daraus eine Leistungsverpflichtung des Anlagenbauers erwächst. Die Folge: kann die Anlage nicht alle geplanten Inputstoffe verarbeiten oder erreicht sie dabei nicht die geforderten Leistungsdaten, bleibt der Betreiber der Anlage auf dem Schaden sitzen. Zu optimistische Finanzierungsplanung, bei der insbesondere die Nebenkosten, die zusätzlich entstehen, sowie die Finanzierungskosten
während der Bauzeit und schließlich die Finanzierung des Rohstoffvorrates gar nicht oder zu gering berücksichtigt werden, und zu optimistische Zeitplanung. Folge: während der Bauzeit gehen die Finanzmittel zur Neige, es entsteht Vertrauensverlust bei den Finanzierern, es muss nachfinanziert werden, die Schulden steigen und belasten die Anlage langfristig.

Rohstoffversorgung wird nicht gesichert, bevor die endgültige Bauentscheidung fällt. Folge: Verhandlungsposition gegenüber Rohstofflieferanten wird schlechter, Abhängigkeiten entstehen, Preise steigen und belasten die Wirtschaftlichkeit der Anlage langfristig. Diese beispielhafte Folgenserie macht deutlich, dass es vor allem auf rechtzeitige Weichenstellungen ankommt. Mit zunehmendem Projektfortschritt wird die Einflussmöglichkeit geringer und – vor allem – die Wirkungsdauer von Maßnahmen kürzer.

Eine Bioenergie-Anlage ist ein kompliziertes verfahrenstechnisches Projekt, welches mit anderen, typischen landwirtschaftlichen Bauprojekten nicht vergleichbar ist. Es erfordert Kenntnisse in unterschiedlichsten Disziplinen, erreicht finanzielle Dimensionen von mehreren Millionen Euro, stellt hohe und ungewohnte rechtliche, organisatorische und kaufmännische Anforderungen und beinhaltet sowohl in technischer als auch rechtlicher und ökonomischer Hinsicht erhebliche Risiken. Daher ist jeder Initiator/Betreiber eines Projektes gut beraten, von Anfang an Experten-Unterstützung im Projektmanagement hinzuzuziehen. Bewährt haben sich dabei Kompetenz-Teams, die juristische, kaufmännische und biologisch-technische Expertise aufweisen und über Erfahrung in der praktischen Umsetzung und Begleitung verfügen. In jedem Fall sollten diese Experten unabhängig von Firmen sein, die in irgendeiner Form an dem Anlagenprojekt beteiligt sind.

Aufgabenverteilung

Bei der Konzeption, Planung und Durchführung von Bioenergie-Projekten wirkt ein professionelles Projektmanagement insbesondere bei folgenden Aufgaben beratend, gestaltend, und auch durch aktive Mitarbeit mit:

  • Organisation des gesamten Projektes, Planung von Projektablauf und Terminen, Terminsteuerung und ggf. -durchsetzung
  • Zielfindung
  • Vertragsgestaltungen und Verhandlungen zwischen Gesellschaftern
  • Vertragsgestaltung mit Baufirmen, Lieferanten, Abnehmern von Wärme, Gas, Strom, etc.
  • Finanzierung einschließlich aller Planrechnungen, Vergleiche, Bankverhandlungen, etc.
  • Kompetente und unabhängige Überprüfung aller Planungen und ggf. auch der Bauausführung, Hinzuziehung von Experten, wenn nötig
    Verhandlungsführung in allen Bereichen
  • Protokollierung und Herstellung der Schriftlichkeit in allen Bereichen
  • Kaufmännische Dokumentation einschließlich Bauabrechnung, den Anforderungen der Finanzierer entsprechend
  • Information und regelmäßiges Reporting aller wesentlichen Beteiligten über den Projektfortschritt
  • Steuerung des Projektes zur Termin- und Kosteneinhaltung

Letztlich ist Projektmanagement in der oben beschriebenen Form die Übernahme von Bauherrenaufgaben. Der Initiator oder Betreiber einer Anlage wird in vielen Bereichen entlastet, der Projektmanager oder das Projektmanagement-Team ist sein Interessenvertreter. Die Zusammenarbeit kann unterschiedlich sein: vom reinen Berater und Zuarbeiter bis hin zum bevollmächtigten Vertreter. Externes, unabhängiges Projektmanagement kann einen erheblichen Beitrag zur Sicherstellung und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit eines Projektes leisten. Viele Risiken werden vermieden und in vielen Einzelpunkten werden für den Betreiber günstige Regelungen umgesetzt. Ein Richtwert für die Kosten des kaufmännischen Projektmanagements liegt bei 2 bis 3 Prozent der Gesamtkosten der Anlage, aber die exakten Kosten, die entstehen, hängen vor allem vom Leistungsumfang ab. Die Vergütung sollte jedoch immer als reines Zeithonorar vereinbart werden. Honorare, die nach der Bausumme bemessen werden, oder auch Erfolgshonorare führen unweigerlich zu Interessenkonflikten, die die Unabhängigkeit des Beraters oder Projektmanagers beeinträchtigen. Außerdem spielt die Anlagengröße eine Rolle, denn der Beratungsaufwand steigt nicht linear mit der Anlagengröße. Gute Beratung und gutes Projektmanagement ist unabhängig von Herstellerinteressen, aber auch von anderen Einflüssen, und vertritt den Anlagenbetreiber – aber immer mit kritischer Distanz die notwendig ist, um dem Bauherrn auch einmal konstruktiv Kritikpunkte aufzuzeigen und bei Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten vermitteln zu können.

Matthias Bäcker

veröffentlicht in “Joule”, Ausgabe 04/2009

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